Kopf oder Füße waschen?

Das ging echt unter die Haut. Am Sonntag wurde ich – neben ca. 1500 anderen -Zeuge, wie mein Chef über Demut predigte. Kein leichtes Thema, hier wie in Deutschland. Hat er sich auch gedacht. Und warum eine halbe Stunde von der Kanzel aus drum herum reden, anderen – und sich selbst – den Kopf waschen, dass wir nicht demütig genug sind, und dann wieder in die Masse abtauchen und so tun als wäre nichts gewesen.
Simon ist nicht so. Er ist keiner, der anderen den Kopf wäscht und sich die Hände nicht schmutzig macht. Er ist ein Mann der Tat und bat als Abschluss seiner Predigt seine Ehefrau auf die Bühne und wusch ihr vor aller Augen die Füße. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Er, der einer der angesehensten Männer der Gemeinde ist, kniet sich vor seiner Ehefrau nieder, um ihr die Schuhe auszuziehen, ihr die Füße zu waschen, abzutrocknen und dann wieder die Schuhe anzuziehen. In einer Kultur, wo Männer wesentlich mehr geachtet sind als Frauen, schlägt so was ein wie eine Bombe.
Die ganze Gemeinde war perplex, und überall hörte man es schniefen. Und irgendwie bekam ich etwas Mitleid mit den vielen Ehemännern, die etwas stiller als sonst nach Hause gingen…

PS: Falls jemand mit dem symbolischen Akt des Füßewaschens nichts anfangen kann, der findet im Johannesevangelium Kapitel 13 die Erklärung dazu.

“Brauchst du etwa Urlaub?”

Im Handbuch für Angestellte und Praktikanten (ja, so etwas gibt es hier auch) steht geschrieben, dass man 24 Tage im Jahr Urlaub machen darf.

Und so geht das mit dem Beantragen:
Ich: Daniel und ich möchten gern Urlaub machen. Wir dachten so ab übernächste Woche. Geht das? (Wir haben uns an die Spontaneität hier ja schon angepasst.)

Chef: Du willst Urlaub machen? Hmm. Brauchst du überhaupt Urlaub?

Ich: Äh (Hilfe, war sage ich jetzt?) ja natürlich. Ich dachte, wir hatten 24 Tage Urlaub in Jahr und wir hatten seit über einem Jahr keinen wirklichen Urlaub mehr.

Chef: Wie viele Tage Urlaub willst du denn nehmen?

Ich: Ich dachte an zwei Wochen.

Chef: Was, so lang? Wir nehmen hier nur maximal 10 Tage Urlaub.

Ich: Da sind wir Deutschen anders, tut mir leid.

Chef: Aber zum Gebetssemimar dienstags kommst du.

Ich: Wie bitte? Ich denke, ich habe Urlaub.

Chef: Ja, aber wir machen alle Ausnahmen. Oder wirst du Nairobi verlassen?

Ich: (denke: “Jetzt auf jeden Fall.”) sage: “Weiß noch nicht.”

Chef: Na dann füll mal die Formulare aus.

Pro Person gibt es ein DIN-A4-Blatt voller Fragen und Anweisungen, u.a. mit dieser: “Begründe, wenn du weniger als 14 Tage Urlaub machen willst.”

Aha, das muss ich jetzt nach den Gespräch mit den Chef nicht verstehen, oder?
All das muss in doppelter Ausführung geschehen und – wie bei den lokalen Behörden so üblich – mit tausend Unterschriften von zig Leuten versehen werden.

Schade eigentlich, dass mein Chef nicht noch mal gefragt hat, ob ich Urlaub brauche. Die Antwort wäre spontan und sehr eindeutig ausgefallen.

PS: Ab morgen haben wir Urlaub – theoretisch und praktisch.

Visionstest

Frisch aus dem Mitarbeitertreffen von Mavuno. Unser Chef Muriithi Wanjau hat uns nach den Visionen für unsere Arbeitsbereiche und unser Leben gefragt und uns herausgefordert, diese zu konkretisieren. Damit Gott und ich genau wissen, woran wir sind.

Besteht deine Vision den Test:

  • Wenn Gott deine Vision in diesem Moment erfüllt – könntest du dann zufrieden sterben? Oder merkst du, dass deine Vision doch etwas zu klein war? Dass du Gott um Größeres hättest bitten können?
  • Hhmm, macht mich nachdenklich … so schnell sollte es doch nicht gehn.

    Mach mal den Test.

    Das Experiment

    Nur drei Wochen nach der ersten Diskussion haben wir ihn: den zweiten Gottesdienst am Sonntag. Ende Juli noch habe ich von den schönen Problemen geschrieben, vorgestern hatten wir das zweite Mal zwei Gottesdienste. Vom Inhalt her sollen beide identisch sein. die Frühaufsteher kommen 9.00 die Nachteulen 12.00 Uhr auf ihre Kosten. 500 Frühaufsteher und 900 Nachteulen haben wir gezählt.

    Fasziniert bin ich vom Weg zu den zwei Gottesdiensten. Klar, wir haben diskutiert und und für die “sichere” Variante entschieden. D.h. etwa 6 Wochen Vorbereitungszeit.
    Eine Woche später saßen wir als Mitarbeiter wieder zusammen. Wir können keine 6 Wochen warten, es gibt keine freien Plätze für Gäste mehr. Also wieder diskutieren und entscheiden – diesmal für den unbekannten Weg, dessen Erfolg nicht in unserer Hand liegt – quasi ein Experiment: 10 Tage Vorbereitungszeit. Und wie wir gearbeitet haben. Gott hat den Vertrauensschritt bestätigt. Wir haben unbekanntes Land betreten, doch er ist vor uns hergegangen. Das schafft Vertrauen.

    Operation Galvaro

    Der Deal ist einfach: Wenn wir bis Ende des Monats als Mitarbeiter von Mavuno

  • die Ordern im Gottesdienst und auf dem Parkplatz verdoppelt
  • das Technikteam verdoppelt
  • sich die Kindergottesdiensthelfer von 20 auf 100 Leute “vermehrt”
  • sich 200 Leute für den neuen Glaubensgrundkurs eingeschrieben
  • und wir 1600 Leute in insgesamt beiden Gottesdiensten haben
  • dann wird gefeiert. Aber richtig. Mit Ziege und Malzbier. Zu Englisch goat + alvaro – Also Galvaro.
    Dazu gibt es noch einen freien Tag extra.

    Wir sind also schwer beschäftigt mit Leute anheuern und überzeugen, bei Mavuno mit zu machen als ehrenamtliche Mitarbeiter. Wer will sich schon diese Fete entgehen lassen.

    Schöne Probleme

    … oder soll ich lieber Herausforderungen sagen?

    Was macht man, wenn…
    … das im vergangenen Monat eingeweihte Gemeindezelt schon zu klein ist?
    … jeden Sonntag etwa 200 neue Leute zum Gottesdienst kommen?
    … der dritte Glaubensgrundkurs des Jahres mit 180 Leuten hoffnungslos überlaufen ist?
    … und die Warteliste für den vierten Kurs schon 1 Woche nach Beginn des dritten Kurses 100 Leute lang ist?
    … die Zahl der Gottesdienstbesucher innerhalb von 6 Wochen von 500 auf 1.600 steigt?
    … sich Radiosender ankündigen, die den Gottesdienst übertragen wollen?
    … jede Woche zahlreiche Leute ihr Leben mit Jesus beginnen?
    … Leute ihre Freunde zur Kirche schleppen, weil das cool und relevant ist?
    … der Kindergottesdienst aus allen Nähten platzt?
    … bei den Kids die “Kleingruppen” auf 100 Teilnehmer anwachsen?

    Wir sind überwältigt, was Gott tut. Letzte Woche im Mitarbeitertreffen kamen wir aus dem Staunen nicht mehr raus, als wir so viele der Stories hinter den nackten Zahlen hörten. Gott krempelt Menschenleben um und krempelt die Mavuno Church um. Arbeit gibt es ohne Ende (tot macht sich hier trotzdem keiner): am übernächsten Sonntag beginnt der zweite Gottesdienst. Ja, wir haben starkes Gemeindewachstum erwartet. Doch nicht in unseren kühnsten Träumen habe wir diese Tempo erwartet. Gott schreibt unsere Agenda um, und wir versuchen Schritt zu halten. Wenn das keine schönen Probleme sind….

    Menschenskinder!

    Ich über lege mir seit gestern Abend ernsthaft, die Staatsbürgerschaft zu ändern. Wenn die Deutschen in Afrika für was berühmt sind, dann ist es Fußball. Aber mal ehrlich, das war doch kein Fußball gestern, oder?
    Da sind wir schon mal abends in einer der berühmtesten Kneipen Nairobis, um Aarons Jazz life zu geniesen, haben noch das unglaubliche Glück über der Bar auf einem Flachbildschirm das Deutschland-Kroatien Spiel mit zuverfolgen, und dann so was. Menschenskinder, muss man sich denn um alles kümmern!?

    Ich meine, die Kenianer spielen auch mehr gerne als guten Fußball, aber sie können wenigsten tanzen, Klavierspielen und singen. Aaron mit Kanjii (unsere Gemeindemusiker) lockten sogar die anderen Weißen von ihren Barhockern und Bildschirmen weg, als sie den Saal zum toben brachten mit ihrer unglaublichen verspielten Kreativität und Unterhaltungskunst. Getränke wurden nicht mehr serviert, weil das Personal von den Bühnenaktivitäten in Bann gezogen wurden, dafür sorgten die Mavuno-Praktikanen und Angestellten vor der Bühne für spontane Tanzeinlagen, die den Rest der Gäste zum Mitmachen animierten. – Und wir mitten drin. Deprimiert über Ballack, über den vergessenen Fotoaparat und über die eigenen mangelnden Tanzkünste. Das muss sich ändern.

    Gottesdienst für alle

    Einladungskarte Festgottesdienst Mauno
    Der erste war für die Mavuno-Familie – so zum Eingewöhnen und Ankommen. Schließlich ist ja alles neu. Besonders für die Mitarbeiter: neue Bühne, andere Akkustik, andere Lichtverhältnisse, Zelt statt Halle, wo sind noch mal die Toiletten? Und das war gut so: so konnten wir uns erst mal an die neue “Umgebung” beim Gottesdienst gewöhnen.

    Am vergangenen Sonntag war der Gottesdienst dann für die Öffentlichkeit. Statt normalerweise 400 Leute kamen 1.700!! Im Kindergottesdienst waren 592 Kids statt sonst 250.

    Wie kam’s? Es wurde so ziemlich alles an Öffentlichkeitsarbeit aufgefahren was ging:

  • Super Flyer (als Einladung für Freunde, Nachbarn und Kollegen)
  • Straßenplakete über den wichtigsten Verkehrswegen des “Einzugsbereiches”
  • Radiowerbung
  • Internetwerbung (div. Homepages, Blogs und Facebook)
  • und nicht zuletzt: Beten und Fasten
  • Wir waren platt: von der Arbeit, die wir geleistet haben, und dem Ergebnis. Soli Deo Gloria!

    Der Gottesdienst selbst ließ nichts zu wüschen übrig. Für alle, die PfiJuKo kennen: das haben wir jeden Sonntag. Gott war da – das haben wir mit Haut und Haaren erlebt: festlich, heiter, ausgelassen, anregend, nachdenklich, ergreifend, in die Tiefe führend. Hat schon was, da mitzuarbeiten!

    Umgezogen

    Am Samstag glich unser neues Gemeindegelände einem Ameisenhaufen. Überall wurde gebaut, geputzt, geräumt und gequatscht (ganz wichtig in Kenia!).
    Daniel und ich hatten die Aufgabe, den eigentlichen Umzug von der Sporthalle (die vorherigen Gemeinderäume) zu organisieren und zu “beaufsichtigen”, d.h. dass die Sachen alle eingepackt, aufgeladen, nicht unterwegs “umgeleitet” und dann auch wieder abgeladen werden. Bloß wohin mit dem Zeug, wenn es noch keine Lagerräume gibt dafür aber genug “Interessenten” ? (Neben den Gemeindemitglieder gab es eine Menge fremdes Baustellenpersonal).
    Wir haben festegestellt: die beste Lösung ist, die Sachen die ganze Zeit hin und her tragen, dann kommen sie nicht weg.

    Gestern war es dann so weit: der erste Gottesdienst zwischen Sandhäufen, unfertigen Abwasserkanälen dafür mit viel, lauter und guter Musik. Während der Gottesdienst lief, wurden zwar noch die Scheinwerfer eingestellt, der Beamer zum Laufen gebracht und Ordner eingewiesen, aber was macht das schon. Innerhalb von 6 Wochen haben wir das Grundstück bekommen, sind umgezogen und haben den ersten Gottesdienst gefeiert. Wenn das kein Grund zum Danken und Feiern ist!

    Hier ein paar Eindrücke: