Neue Mitbewohner

Auf dem Diguna-Missionsgelände gibt es eine neue Familie. Um ehrlich zu sein, sie ist nicht sehr willkommen. Leider ist sie ungefragt genau gegenüber des Haupthauses (wo die meisten Missionare wohnen) eingezogen und treibt vor allem im Dunkeln ihr Unwesen: Ein Löwenpaar mit drei Jungen!
Letzte Woche noch sagten unsere Freunde, dass sie seit Monaten keinen Löwen mehr gehört hätten – und jetzt haben sich gleich 5 direkt vor ihrer Haustür (ca. 20 m) niedergelassen.

Wir sehen natürlich gar keinen Zusammenhang zwischen unserem Eintreffen in Nairobi und den ungebetenen Gästen. Trotzdem beeinträchtigt das unser Leben schon. Gestern Abend wollten wir unsere Freunde besuchen – das viel aufgrund des befürchteten Löwenhungers aus. Heute wollen wir noch mal einen Versuch starten und werden quasi mit unserem Auto ihn ihre Wohnung fahren. Ein Glück dass sie ebenerdig wohnen. Wir wollen doch nicht, dass der Löwe uns samt Babybauch aufspürt und seinen Jungen ihre erste “Kinderüberraschung” vorführt.

Falls ihr ab morgen nie wieder was von uns hört, könnt ihr davon ausgehen, dass sehr nahe und sehr hungrig waren…

Daniel & Nancy in der Löwengrube

Daniel und Nancy in der Löwengrube

Folgende Dialoge haben gestern Abend ca. 20.00 Uhr auf dem Diguna-Gelände stattgefunden. Um diese Zeit ist es bereits dunkel …

Doreen (Freundin von uns, am Haustelefon, die ca. 500m von unserem Haus entfernt auf der anderen Seite des Flusses wohnt): Hallo Daniel, ihr könnt gern zu uns heute Abend rüber kommen, die Kinder schlafen friedlich.

Daniel (in die Telefonmuschel): Ja, das ist schön. Wir haben nur ein Problem, der Löwe brüllt ziemlich nah vor unserem Fenster. Wir wissen nicht, ob es zu gefährlich ist, zu euch zu kommen.

Nancy: steht am Fenster und verfolgt gespannt jedes Geräusch von draußen – und das Gespräch am Telefon.

Doreen: “Ach so, hm. Ja, aber die sind menschenscheu. Letzte Woche ist einer im Dunkeln von unsere Seite auf eure gelaufen und der Löwe vor ihm ist ins Gebüsch abgehauen.

Daniel: Na Klasse.

Nancy (immer noch am Fenster stehend): Na, dann kommt ihr doch zu uns rüber!

Während dessen gibt der Löwe gerade wieder Laute von sich.

Doreen: Ja, äh …

Nancy: erinnert sich an den vorletzten Abend, als sie direkt vorm Haus im Gebüsch eine halbe Stunde deutliche Raubtiergeräusche gehört hat.

Daniel: Ok, wir kommen mit dem Auto zu euch. Nur, das Gartentor müssen wir dann trotzdem noch öffnen…

Nancy (denkt): Richtig. Und auf genau dem Weg 200m weiter vorn wurde 3 Wochen zu vor ein Hund von einem Löwen gefressen. Und unsere Nachbarn 20 m unserem Haus mussten vor kurzem den Löwen vom Hundezwinger vertreiben…

Daniel und Doreen beenden das Gespräch.

Daniel und Nancy stehen wie gebannt am Küchenfenster und glotzen in die Dunkelheit.

Daniel: Ich will nicht leichtsinnig sein…

Nancy versucht Daniel witzelnd zu ermutigen: Komm, sei ein Mann. Wir fahren rüber und du machst das Gartentor auf.

Daniel (platzt raus): Das hat nichts mit Unmännlichkeit zu tun, wenn man Angst vor einem Löwen hat! Schließlich habe ich nicht gelernt, gegen einen Löwen zu kämpfen!

Nancy (spricht wohlweislich den Gedanken nicht aus): Das sehen die Massais aber anders. Da ist nur der ein Mann, der gegen einen Löwen kämpfen kann.

Nancy (spricht aus): Okay, aber der Daniel in der Löwengrube wurde auch nicht gefressen.

Daniel: Der hatte auch Engel, die den Löwen das Maul zu hielten.

Nancy: Ja, aber wir sind hier auf einer Missionsstation. Das ist ein sehr gesegneter Ort, auf den Gott sicher aufpasst.

Daniel: Ok, dann lasst und zum Auto rennen und fahren.

Wir steigen ungewöhnlich zügig ins Auto ein, machen das Fernlicht an und fahren bis zum Tor (50m). Daniel springt aus dem Auto, macht das Tor auf, Nancy schaut sich angestrengt nach allen Seiten um, um eine eventuelle herannahende Gefahr auszumachen. Alles ruhig. Sogar das Haus unserer Diguna-Nachbarn (20 m von unserm entfernt) mit den drei Hunden liegt friedlich im Dunkeln. Diesmal gibt es keinen Löwen, der die Hunde aus dem Zwinger holen will.

Wir fahren einen 2 km langen holprigen Umweg um zu unseren Freunden zu kommen und sinnieren über kleine Polizeistation, an der wir gerade vorbeifahren.

Nancy: Ich kann schon verstehen, dass die Polizisten nachts nicht auf Streife gehen, weil sie Angst vor den Löwen haben…

Daniel: Hm. Ich auch …

Der Löwe ließ sich nicht blicken und als wir um Mitternacht wieder unser Haus betraten war doch eine deutliche Erleichterung bei allen beiden von uns zu spüren.