Wieder in Ordnung

Lange haben wir uns diesen Moment herbei gesehnt. Endlich wieder mal was deutsches.
Dass der Samstag auch noch so richtig verregnet war, hat dazu gepasst. Nur nicht die Auswirkungen des Dauerregens auf die Beschaffenheit der Straßen und Wege. (Nairobi glich einem großen See mit Schlammufer.) Macht nix, das nahmen wir in Kauf. Für einen deutschen Weihnachtsmarkt.

FotoAn einem Tag im Jahr können die Deutschen in Nairobi über “ihren” Weihnachtsmarkt bummeln und Bratwurst essen, Stollen und Plätzchen kaufen, deutsches Bier trinken…
Und dann kamen wir mit Hilfe einer schwäbischen Missionarsfamilie dort hin (das ist sicherer, als sich auf den Stadtplan zu verlassen) – und auf einem Mal war das schon wieder zu viel des Guten, bzw. des Deutschen. Zumindest für Daniel. Während ich mich wie ein hungriger Löwe auf die Adventskränze stürzte und zu einem schamlos übersteigerten Preis einen ergatterte, trottete mein Mann lustlos und wortkarg hinter mir her. Auf die Frage, was denn los sei, gestand er mir: “Das ist mir zu viel Deutsch auf einem Mal. Hier reden so viele Menschen deutsch.”

FotoTja, was soll man(n) da machen. Ich wollte ihn an einem kenianischen Stand mit Holzschnitzereien abstellen, aber die penetranten Verkaufsversuche der Kenianer waren meinem irritiertem Mann ebenfalls zu viel. FotoMit einer halben Bratwurst und einem Berliner gab er sich dann etwas zu frieden. FotoDer kleinen Aldi-Stollen für über 8 € und eine Packung Schoko-Domino-Steine für 4 € in unserer Tasche hoben die Stimmung nur leicht, dafür war unser Geldbeutel nahezu leer und die Füße nass.

Erst als wir wieder unser Haus betraten, den Herrenhuter Stern zum Leuchten brachten und unsere englisch-kikujusprachige Jane antrafen und selbstgemachtes, keninanisches Fladenbrot (Chapo) aßen war die Welt wieder in Ordnung.
zu Hause Chapo

Eine Stadt platzt aus den Nähten

Gestern haben wir uns in die City von Nairobi gewagt, in DIE Metropole Ostafrikas und Hauptstadt Kenias. Und wir sind zu der Erkenntnis gekommen, das wir nichts verpassen werden, wenn wir uns nur sehr sporadisch in dieses Getümmel stürzen werden.

So etwas wie eine Fußgängerzone gibt es nicht, stattdessen unglaublich viel Verkehr, sei es auf den Straßen oder auf den “Fußwegen“. Man hat den Eindruck, jeder der wichtig sein will, tummelt sich dort auf den Straßen. Männer mit Anzug und Krawatte, Frauen in Kostümen. – Und zwischendrin zwei etwas irritiert dreinguckende Weiße, die sich krampfhaft an den Händen auf der einen Seite und die Tasche auf der anderen fest halten. Zufluchtsort ist ein Supermarkt, den wir zielstrebig ansteuern, um aus dem Getümmel und der Sonne herauszukommen. Nach einer viertel Stunde Verschnaufpause, in der wir künstliche Tannenbäume ab 5 € sowie kitschigen Weihnachtsschmuck entdecken, wagen wir uns wieder hinaus auf die Straße – und hoffen auf den Gewöhnungseffekt.

Wir suchen die deutsche Botschaft. In zwei verschiedenen Stadtplänen ist sie jeweils an einem unterschiedlichen Ort eingezeichnet – und keiner von beiden stimmt. Die Suche bleibt erfolglos. Vielleicht sollten wir es mit einem dritten versuchen….
Auch die Suche nach einem im Reiseführer angepriesenen Souvenirladen erweist sich als Farce, denn da wo er sein sollte, tut sich das Loch einer Baugrube auf. Stattdessen weht uns der Geruch von totem Fleisch um die Nase. Meine erste Vermutung nach einem Tierkadaver bestätigt sich auf unerwartete Weise: neben uns befindet sich ein Fleischereigeschäft. – Karibu in Nairobi!

Damit wir dieses strapaziöse Abenteuer vor uns rechtfertigen können, ergattern wir noch zwei Kerzenständer. Die Adventszeit beginnt ja bald. Hätten wir fast vergessen.

(Fast) Wie im Himmel – Wasser!

Heute ist ein großer Tag. Es gibt Wasser – aus der Leitung. Sonst kommt es vom Himmel oder vom Wassermann. Vom Himmel ist es kostenlos, den Wassermann müssen wir bezahlen. Er liefert frei Haus in Kanistern oder per Truck Wasser an. Aber heute ist alles anders. Ja, es gibt einen Wasseranschluss im Haus – oder besser: im Garten- und wenn die Regierung gnädig ist, mal dran denkt oder andere Gründe vorliegen, dann schickt sie in unsere Wohnsiedlung Wasser durch die Leitungen. Das muss man sich so vorstellen:
Irgendwoher weiß John (unser Mitbewohner), dass es eventuell Wasser geben wird. Darum dreht er den Hahn auf. Weil aber nichts kommt, lässt er ihn aufgedreht. Und dann, irgendwann passiert das Wunder und man kann in 5 Minuten einen 10 l Eimer füllen. Das ist der Startschuss, um sämtliche Gefäße, die in diesem Haushalt zur Verfügung stehen hervorzukramen, damit sie während des Tages mit Wasser gefüllt werden können. Eimer, Kanister, Tonnen werden aufgereiht und nach und nach gefüllt, oder auch nicht, wenn der Wasserfluss versiegt.
Wasser!
Ja, Samstags ist Wasser-Tag. Nur vergangenen Samstag kam nichts, und die Woche vorher auch nicht…

(Fast) Wie im Himmel – Marmelade!

Zu allem Wasserüberfluss gab es heute auch noch frische Mango-Bananen-Marmelade. Nicht vom Himmel, auch nicht vom Wassermann sondern von Nancy.
Nach einer halbstündigen Safari mit Jane (allein getraue ich mich noch nicht) durch die benachbarten Slums konnten wir marmeladentaugliche Mangos auf dem Markt finden. Die Gerüche und Verkaufsstände dort sind zwar wenig appetitanregend, aber die Entschädigung kam wenig später, als wir in ein Stück Weißbrot mit noch warmer Mango-Bananen-Marmelade bissen.
“Grandios”, “Einmalig”, “Ausgezeichnet” ,”Rekordverdächtig” kam es aus den kauenden Mündern.
Und mit einem Mal war alles vergessen – der Gestank in den Slums, die Verbrennungen unter der Dusche, die Diskussionen mit den Matatu-Fahrern, die einem regelmäßig zu viel Geld abknöpfen wollen, dass bald Weihnachten ist und wir weder einen Tannenbaum noch Schnee haben werden….
Mit anderen Worten – der Geschmack war einfach himmlisch.

So was macht man nicht

Als Weiße (wasungu) ist man selbst in Nairobi etwas besonderes. Obwohl es in dieser ostafrikanischen Metropole relativ viele Weiße gibt, wird uns öfters nachgeschaut.
Weiß = reich, so lautet die simple Gleichung, und so wird man behandelt und so hat man sich bitte schön auch zu benehmen. D.h. ja nicht zu viel machen und schon gar keine schweren Dinge tragen. Auch nicht einen 10 l Wasserkanister. Was sollen denn die Nachbarn denken?!
So hat Jane Daniel allen ernstes angeboten, ihn von der Bushaltestelle abzuholen, um ihn den frisch gefüllten Wasserkanister abzunehmen und die ca. 70 m zu unserem Haus zu tragen. Sie war sehr verwundert, als wir ihr erklärten, für uns sei es normal, so etwas zu tragen. So etwas macht ein Wasungu nicht.
Schade, dass wir das jetzt erst erfahren, denn so hätten wir in Deutschland uns um das viele Kisten- und Möbelschleppen vor unserer Ausreise drücken können…

(Internet-) Kaffee-Kultur

Der Tipp ist heiss. Ein Kaffee mit W-LAN. Statt Internet-Cafe ohne Kaffee. Also, rein, Kaffee bestellt und stundenlang ohne Zusatzkosten Rundbrief verschickt, Mails geschrieben, gesurft. Das hat Stil – sogar der Kaffee.
Denn das Auge surft mit.

Internetkaffee

Liebe Blog-Leser!

Heute dürfen wir dir voller Stolz verkünden, dass wir ab sofort deinem Gedächtnis nicht mehr so viel abverlangen, wie in den letzten Tagen. Denn wir haben zu unser aller Freude ein Glossar eingerichtet, unter dem du alle Begriffe findest, die du zum Überleben in Nairobi brauchst und die mehr oder weniger häufig in unseren Artikeln erwähnt werden. Wenn du, geschätzter Leser, also nicht mehr in klarer Erinnerung haben solltest, wer z.B. Jane war oder du mehr zu Matatus oder Moskitos erfahren möchtest, dann gönne dir die Zeit und klicke auf besagte Begriffe – und tauche ab in die Welt der unglaublichen Dinge.
Viel Spaß!

P.S. Bei großer Nachfrage werden wir zu gegebener Zeit dies auch als Hörbuch veröffentlichen. Die Einnahmen werden den Duschopfern zu gute kommen.

Ach ja, und hier geht’s zum Glossar.
Der schlaue Fuchs hat es bereits im Menü rechts entdeckt.

Entwurzelt

Welche Frau wollte nicht schon immer mal ganz unverblümt in die schwarzbraunen Augen eines Afrikaners schauen – und das aus etwa 30 cm Entfernung!?
Ich war heute ebenso mutig wie angetan von diesem Mann – mein angetrauter Gatte war sogar Zeuge.
Leider wurde diese Freude durch zwei Brillen getrübt, wo bei ich keine und er gleich beide aufhatte. In einer dieser beiden konnte ich ziemlich genau beobachten, wie er mir auf den Zahn fühlte und mich eine meiner letzten Wurzeln beraubte. Er hat es jedoch vorher angekündigt und hat mich auch vorher betäubt, wofür ich ihm sehr dankbar bin.

Angefangen hat alles 3 Nächte vorher. Wer schon einmal eine schlaflose Nacht aufgrund von Zahnschmerzen hatte, weiß, was ich meine. Ich hatte in meinem ganzen langen Leben noch nie solche Zahnschmerzen gehabt. – In Afrika ist eben alles anders, auch die Zahnschmerzen. Diese Schmerzen besserten sich zwar, verschwanden aber nicht. So beschlossen wir, uns um einen Termin beim Zahnarzt zu kümmern. Doch, woher wissen wir, wo es einen – für deutsche Verhältnisse – guten Arzt gibt? Wieder einmal mussten wir die Hilfe unserer Freunde aus der Chapel in Anspruch nehmen. – Zum Glück! Denn es stellte sich heraus, dass die halbstündige Fahrt aufs Land in die “Kikuju-Klinik” ein Glücksgriff war.
1. Mussten wir nur 10 Minuten warten, bis ich auf dem Zahnarztstuhl saß.
2. Kam ich noch dran, obwohl wir kurz vor “Ladenschluss” erst eintrafen.
3. Konnte Daniel wenigsten ansatzweise sein Medizinstudium aufnehmen, in dem er die ganze Zeit dabei war und meinen Zahn unter ärztlicher Anleitung begutachtete.
4. Ist der Arzt ein guter Freund von Pastoren der Chapel – und somit nun auch unser Freund.

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Um eine Wurzelbehandlung kam ich zwar trotzdem nicht drumherum, dafür habe ich aber eine positive Erfahrung mit einem kenianischen Arzt gemacht. Er nahm sich nicht nur viel Zeit für mich, er erklärte auch alles, was er machte und ging sehr behutsam mit meinem Zahn um.

Nun habe ich jetzt zwar eine Wurzel weniger, aber habe trotzdem den Eindruck ein klein wenig mehr hier Wurzeln geschlagen zu haben.

Ach ja, was es mit der zweiten Brille auf sich hat? – Es war eine Schutzbrille gegen Spritzer oder was sonst alles noch so bei einer Zahnbehandlung herumfliegen kann.

Karibu!*

Wir haben ein tolles Haus bekommen! Das ist echt ein Geschenk. Nicht nur von außen sieht es gut aus, wir fühlen uns auch drinnen wohl. Die Ausstattung ist super, die Eigentümer gehören zur oberen Mittelschicht.

Das braune Tor mit großer Hecke ist unseres.
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Hereinspaziert!
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Die Eigentümerin hat eine Vorliebe für’s Gärtnern. Da hat sich Nancy gleich wie zu Hause gefühlt.
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Hier ist der Mittelpunkt.
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Ein kurzer Blick nach links ins Wohnzimmer
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Weiter gehts in die Küche, wo meistens Jane fuer uns kocht.
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Wenn es nicht diese Mücke geben würde, könnten wir noch ruhiger schlafen.
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Und, auf den Geschmack gekommen? Besucher sind herzlich willkommen.

Mit unserer neuen Bleibe hat Gott unsere Gebete erhört und noch übertroffen: sichere Umgebung, Bushaltestelle um die Ecke, ein bisschen Grünes, nicht weit zum Büro / zur Gemeinde, Supermarkt 15 min zu Fuß, super Ausstattung im Haus, Internetcafè nicht weit weg.

*Karibu heißt: Willkommen.

“Karibu heißt willkommen” ist gleichzeitig der Titel eines Romans / Hoerspiels von Stefanie Zweig, der einen guten Einblick in das Leben und die Kultur Ostafrikas gibt.